Ausgabe 03 | 2023

Recht

Jung, weiblich, Benzin im Blut

Kfz-Branche ist nicht nur was für „Jungs“.

Nach pandemiebedingter Pause fanden in diesem Jahr endlich wieder die Lossprechungsfeiern der Mechatroniker-Gesellinnen und Gesellen statt. Und wer noch immer denkt die Kfz-Branche wäre nur was für „Jungs“, der durfte sich bei der Feier des Nachwuchses in Viersen eines Besseren belehren lassen. KFZ-NRW sprach mit Corinna Kohnen und Finnja Graulich, die ihre Kfz-Mechatronikerausbildung als Jahrgangsbeste der Kfz-Innung abschlossen haben und beweisen, dass Frauen locker im Werkstattalltag bestehen.

Corinna, wie bist Du auf die Idee gekommen, eine Ausbildung in der Kfz-Branche zu machen?

Corinna: Ich hatte schon immer großes Interesse am Handwerk und Lust, mich in dem Bereich zu verwirklichen. Nach meinem 2-wöchigen Praktikum in meinem späteren Ausbildungsbetrieb „Automeister Kohnen“ in Tönisvorst war mir dann endgültig klar, dass ich nach meinem Abitur nicht studieren, sondern eine Ausbildung im Kfz-Gewerbe machen möchte. Das hat mir so viel Spaß gemacht. Und am Ende des Tages sieht man, was man getan und geschafft hat.

Finnja, wer oder was hat Dich inspiriert?

Finnja: Meine Geschichte ist sehr ähnlich. Ich habe mich in meiner Freizeit immer gerne mit Handwerk beschäftigt und mir war klar, dass ich auf jeden Fall in dem Bereich arbeiten möchte. Nach einem freiwilligen Praktikum im Betrieb „Auto Nagel“ in Nettetal stand für mich fest, dass ich nach meinem Abitur direkt mit der Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin starten möchte.

Wie haben Eure Mitschüler und Euer Umfeld auf Eure etwas untypische Ausbildungswahl reagiert?

Finnja: Überrascht, aber im positiven Sinne. Teilweise wurde mir aber auch Unverständnis entgegengebracht, aber nicht wegen der Berufswahl, sondern aufgrund der grundsätzlichen Entscheidung gegen ein Studium.

Corinna, welche Reaktionen gab es bei Dir?

Corinna: Auch durchweg positiv. Es gab einige Mitschüler die etwas neidisch waren, da ich einfach sehr früh wusste, wie es nach dem Abi für mich weitergeht und meinen Ausbildungsplatz sehr früh sicher hatte. Mein enges Umfeld war weniger überrascht, da ich noch nie besonders zimperlich war und nie ein Problem damit hatte, meine Hände schmutzig zu machen.

Wie wird man als Frau in einer männerdominierten Branche aufgenommen?

Corinna: Ich wurde von Anfang an super aufgenommen und akzeptiert. Ich habe als einzige Frau in der Werkstatt gearbeitet, musste aber genauso wie meine Kollegen auch die „Drecks­arbeit“ machen. Anders waren die Reaktionen, wenn man in andere Werkstätten fährt, um etwas abzuholen. Da wurde man dann schon manchmal schief angeschaut.

Finnja: Man hat halt schon ständig das Gefühl, dass man sich als Frau immer etwas mehr beweisen muss. Dennoch habe ich mich stets sehr wohl gefühlt. Das Einzige, was ich anpassen musste, war mein Ton. Ich musste mir einfach angewöhnen lauter zu sprechen (lacht).

Was muss Eurer Meinung nach passieren, damit sich mehr Mädchen für eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin entscheiden?

Finnja: Grundsätzlich sollte das Handwerk in den Schulen mehr beworben werden und alternative Möglichkeiten zum Studium aufgezeigt werden. Die Schüler müssen einfach besser abgeholt werden, ganz unabhängig vom Geschlecht. Es fängt aber auch schon bei der Ausstattung der Betriebe an. Ich habe teilweise Absagen bekommen, weil der Betrieb keine getrennten Umkleidekabinen oder Toiletten hatte.

Corinna: Ich fände es gut, wenn die Initiative „Girls‘ Days“ erweitert werden würde und man statt nur einem Tag eine ganze Woche in einen Betrieb geht. Grundsätzlich sollten Ausbildungsberufe auch an Gymnasien vorgestellt werden und an Berufsorientierungstagen Platz finden. Und dann liegt die Verantwortung bei den Betrieben, für sich zu werben. Das funktioniert am besten mit jungen Gesellen oder Gesellinnen, die die „gleiche Sprache“ sprechen.

Welche Ziele habt Ihr?

Corinna: Aktuell besuche ich die Meisterschule in Düsseldorf, die ich Ende des Jahres abschließen werde. Den Ausbilderschein habe ich bereits in der Tasche und den kaufmännischen Teil habe ich auch schon abgeschlossen. Ich habe bereits ein Praktikum im Sachverständigenwesen absolviert. Auch dieses Thema finde ich super spannend.

Finnja: Ich möchte erst mal als Gesellin weiterarbeiten und meine Erfahrungen ausbauen. Als nächstes werde ich eine Weiterbildung als Hochvolttechnikerin und Servicefachkraft machen. Und irgendwann möchte ich gerne noch meinen Meister machen.