Ausgabe 06 | 2023

Recht

Neues Gerichtsurteil diŒerenziert nach dem Grad der Verschmutzung.

Ist duschen Arbeit?

Ein neues Gerichtsurteil differenziert bei Waschzeiten nach dem Grad der Verschmutzung. Beim Umkleiden soll es darauf ankommen, ob der Arbeitgeber Umkleideräumlichkeiten zur Verfügung stellt.

Nicht alles, was sich unter dem Dach des Arbeitgebers abspielt, ist automatisch Arbeitszeit. Ein wichtiges Abgrenzungskriterium ist die „Fremdnützigkeit“. Nützt die Tätigkeit des Arbeitnehmers ausschließlich dem Arbeitgeber, ist sie als Arbeit zu vergüten, nützt sie hingegen nur ihm selbst, ist es keine Arbeit. Dazwischen gibt es eine Grauzone. Das Waschen oder Duschen am Ende des Arbeitstages liegt erst einmal im rein arbeitnehmerseitigen Interesse. Folglich müsste man die dafür aufgewendete Zeit als reine Privatsache und damit nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit ansehen.

Differenzierung nach dem Grad der Verschmutzung

Eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg differenziert nach dem Grad der Verschmutzung. So sollen Duschzeiten als Arbeitszeit gelten, wenn „die Verunreinigung des Körpers deutlich über das Maß hinausgeht, das üblicherweise im Privatleben anfällt“ (LAG Nürnberg, Urteil v. 6.6.2023, Az. 7 Sa 275/22). Für den klassischen „Schrauber“ in der Werkstatt dürfte das zu bejahen sein, für den Verkäufer oder Lageristen nicht.

Umziehen = Arbeitszeit?

Ob Umkleidezeiten als Arbeitszeit gelten, hängt nach der bisherigen Rechtsprechung davon ab, ob die Arbeitskleidung „besonders auffällig“ ist, zum Beispiel mit einem Unternehmenslogo bedruckt ist. Dann nützt sie zumindest auch dem Arbeitgeber und fällt damit in die Arbeitszeit. Das LAG Nürnberg geht hier einen Schritt weiter. Es genüge für die Annahme fremdnütziger und damit grundsätzlich vergütungspflichtiger Tätigkeit, wenn der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber eingerichteten Umkleidemöglichkeiten nutzt und sich anschließend an seinen Arbeitsplatz begibt. Kurz gesagt: gibt es Umkleideräume, ist das Umziehen Arbeitszeit.

Dass Arbeitgeber das anders sehen, liegt auf der Hand. Deshalb liegt das Gerichtsurteil derzeit in der nächsten Instanz beim Bundesarbeitsgericht. Es wird also vermutlich eine höchstrichterliche Entscheidung zu den beiden Dauerbrennern „Wasch- und Umkleidezeiten“ geben. Bis zur endgültigen Klärung dürfte noch viel Wasser den Abfluss hinabfließen.